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Hintergrundinformation des BUND zur geplanten Schweinemastanlage in Suckwitz


Dimension des Vorhabens

Zwischen den Ortslagen Suckwitz und Oldenstorf, direkt an der Landesstraße L11, plant der Investor Thomas Schulz eine Schweinemastanlage mit 7.936 Tierplätzen zu bauen. In einem Gebiet, welches die Förderung des ländlichen Tourismus vorsieht, soll eine Anlage mit vier Stallgebäuden, fünf Futter- sowie zwei Hochsilos und zwei Güllebehältern entstehen. Massentierhaltungsanlagen sind aufgrund ihrer weitreichenden Auswirkungen auf die Entwicklung einer Region grundsätzlich als raumbedeutsames Vorhaben einzustufen und als solche in einem Raumordnungsverfahren zu prüfen. Als eine der wenigen Ausnahmen wurde die Problematik im Fall der Mastanlage Suckwitz durch das Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern erkannt und am 02. Mai 2011 ein Raumordnungsverfahren eingeleitet.

Der gewünschte Standort verstößt gleich gegen sechs Grundsätze des geltenden Raumprogramms. Er liegt im Tourismusschwerpunktgebiet, im landschaftlich unzerschnittenen Freiraum mit sehr hoher Funktionenbewertung, in einer Landschaft , die nach gutachterlichem Landesprogramm in der Landschaftsbildbewertung mit "sehr hoch" eingestuft ist, im Landschaftsraum mit besonderer landschaftsgebundener Erholung, im Gebiet mit besonderer Empfindlichkeit des Grundwassers, hat einen besonders schützenswerten Boden mit einer Bodenzahl von 54 und liegt in unmittelbarer Nähe einiger FFH-Gebiete an einem der nördlichen Eingänge zum Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide.

Geschichte

Der Investor reichte im Oktober 2012 die Unterlagen im Verfahren ein, die sich jedoch als unvollständig und in weiten Teilen fehlerhaft herausstellten. Der BUND und die engagierte Bürgerinitiative konnten dies im Januar 2013 mit einer umfangreichen Fachstellungnahme gegenüber den Behörden nachweisen. Da insbesondere Fragen hinsichtlich der Verträglichkeit des Vorhabens mit den Zielen des FFH-Gebietes, des europäischen Artenschutzes und eine Betroffenheit des Tourismus offen blieben, wurde das Raumordnungsverfahren im Februar 2013 durch die zuständige Behörde ausgesetzt. Ungeachtet dessen reichte der Investor beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg bereits den Antrag für das Bundesimmissionsschutzverfahren ein. Das STALU beteiligte die Träger öffentlicher Belange und den BUND an der Ausgestaltung des Untersuchungsumfanges der notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung. Bisher erfolgte kein weiteres Vorgehen im Bundesimmissionsschutzverfahren.

Erst im Juni 2015 kam es zur erneuten Auslegung der ergänzten Unterlagen im Raumordnungsverfahren. Doch auch der erweiterte Untersuchungsumfang offenbarte schwerwiegende Konflikte mit einer nachhaltigen Entwicklung der Region sowie gravierende Auswirkungen auf Natur und Landschaft.

Zahlreiche Bürger und Bürgerinnen, zwei Bürgerinitiativen, die betroffenen Gemeinden, der BUND, der örtliche NABU und der Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide wiesen in ihren Einwendungen auf gravierende Fehler, Auslassungen und manipulative Angaben in den Antragsunterlagen hin, u. A. bei der Darstellung des Wasserverbrauchs, der Verkehrsbelastung und Tourismusentwicklung in der Region, der Gefährdung des Grundwassers und der Seen, des Gülleaufkommens und den Immissionen der Schweinemastanlage.

Die vielfältigen Argumente, die gegen einen positiven Bescheid im Raumordnungsverfahren sprechen, vertiefte der BUND im Juli 2015 erneut in einer umfangreichen Stellungnahme. Durch weitere Untersuchungen des BUND stellte sich im Herbst 2015 heraus, dass insbesondere aufgrund fehlerhafter Aussagen in Bezug auf die FFH-Gebiete eine raumordnerische Beurteilung des Antrags nicht vorgenommen werden kann.

Umweltwirkungen

Der Vorhabenstandort befindet sich in räumlicher Nähe zu zahlreichen Schutzgebieten unterschiedlicher Kategorien, die aufgrund ihrer besonderen Arten- und Biotopausstattung höchst sensibel auf die Nährstoffeinträge aus der geplanten Mastanlage reagieren. Durch einen Ausstoß zwischen 18 und 28 Tonnen Ammoniak im Jahr werden Böden im Umfeld der Anlagen mit 20 - 30 kg und Biotope mit mehreren kg zusätzlichem Stickstoff je Hektar und Jahr belastet. Ein weiterer Eintragspfad neben der atmosphärischen Deposition ist die Auswaschung von Nitrat aus überschüssigem Dünger, welches Grund- und Oberflächengewässer erheblich belastet.

Innerhalb eines Untersuchungsraumes von 10 km um die geplante Anlage in Suckwitz befinden sich alleine acht Natura-2000 Gebiete. Das nächstgelegene EU-Vogelschutzgebiet Nossentiner/ Schwinzer Heide ist lediglich ca. 550 m von der Anlage entfernt. Auch in den FFH-Gebieten Mildenitztal mit Zuflüssen und verbundenen Seen sowie Bolzsee bei Oldenstorf sind aufgrund der geringen Entfernung von ca. 1500 m Beeinträchtigungen durch die Nähe zur Mastanlage zu erwarten.

Das nächstgelegene Naturschutzgebiet „Breeser See“ befindet sich ca. 1.400 m nördlich des Standortes, ca. 550 m südlich liegen das Landschaftsschutzgebiet „Nossentiner/Schwinzer Heide“ sowie der Naturpark „Nossentiner/Schwinzer Heide“. Etwa 1.400 Meter nördlich der geplanten Intensivtierhaltungsanlage befindet sich das FFH-Gebiet „Mildenitztal mit Zuflüssen und verbundenen Seen (DE 2338-304). In diesem FFH-Gebiet befindet sich der Breeser See und Zuläufe des Breeser Sees befinden sich in weniger als 600 Meter Entfernung zur Anlage. Im Protokoll des Amtes für Raumordnung (Genehmigungsbehörde) zur Auswertung der ersten Beteiligungsrunde im Raumordnungsverfahren wurde auf Hinweis der Fachbehörden eine vollständige FFH-Verträglichkeitsprüfung gefordert (Amt für Raumordnung und Landesplanung Region Rostock, 27.06.2013, Anhang, Protokoll Ergänzende Anlaufberatung 10.07.2013). Der Vorhabensträger legte jedoch im April 2015 nur eine FFH-Studie vor, die unter der Annahme viel zu geringer Schadstoffwerte zum Ergebnis kommt, dass keinerlei FFH-Gebiete betroffen sind.

Gefährdungen für Zielarten der betroffenen Europäischen Schutzgebiete wie Fledermäuse, Amphibien, Zauneidechse, Fischotter und der Molluskenarten Bauchige und Schmale Windelschnecke sind somit auch im zweiten Anlauf des Raumordnungsverfahrens nicht ausreichend untersucht worden.

Zusätzlich zu dem Verschlechterungsverbot, welchem Arten und Lebensräume in den Schutzgebieten unterliegen, setzt die Umsetzung der durch die EU beschlossenen Wasserrahmenrichtlinie das Ziel, alle Oberflächengewässer und das Grundwasser in einen guten ökologischen Zustand zu überführen. Die Konsequenz zur erfolgreichen Umsetzung der WRRL kann nur die Beendigung der Einleitungen und Emissionen aus der bisher intensiv betriebenen Landwirtschaft sein, was mit der Umsetzung des Vorhabens nicht vereinbar ist. Dies sollte besonders vor dem Hintergrund des zurzeit gegen Deutschland laufenden Vertragsverletzungsverfahrens wegen Nichterfüllung der Verpflichtungen zum Schutz der Gewässer besondere Beachtung erfahren.

Der nahe gelegene Brummelvitzsee ist als einer der wenigen mesotrophen Klarwasserseen bereits bei kleinen Eintragsmengen durch Stickstoff erheblich gefährdet. Charakteristische Tier- und Pflanzenarten werden bei einer Änderung des Nährstoffgefüges von dominanten und sehr häufigen Arten verdrängt. Zahlreiche weitere Seen wie der Woseriner, Nienhäger, Gardersee, Suckwitzer See, Bolzsee und der Breesensee sind über unterschiedlichste Eintragspfade durch Eutrophierung gefährdet.

Neben dem erhöhten Nährstoffeintrag stellt die durch das Umweltbundesamt festgestellte Gefährdung des Grundwassers durch Antibiotika und andere Tierarzneimittel eine erhebliche Gesundheitsgefährdung dar. Der dichte Tierbesatz eines Intensivmastbetriebes erfordert einen deutlich höheren Einsatz an Antibiotika und anderer Tierarzneimittel als  ein ökologisch wirtschaftender Betrieb mit geringerer Tierbesatzdichte . Die Antibiotika werden mit der Gülle ausgeschieden und gelangen so auf die Felder.

Um die tatsächlichen Auswirkungen der Nährstoff- und Tierarzneimitteleinträge zu bewerten, müssten oberirdische und unterirdische Einzugsgebiete der Gewässer betrachtet sowie eine Grundwassermodellierung vorgenommen werden. Beides ist in den Antragsunterlagen bisher unzureichend vorhanden.

Der BUND trug dies in seiner Fachstellungnahme im Juli 2015 bei der Genehmigungsbehörde vor.

Im Herbst 2015 ließ der BUND die Aussagen der vorgelegten FFH-Studie tiefgehender untersuchen und stellte fest, dass empfindliche Biotoptypen der FFH-Richtlinie nicht untersucht worden. Die FFH-Studie des Antragstellers behauptete, dass die betroffenen empfindlichen Biotoptypen nicht vorhanden seien. Der BUND legte den Nachweis vor und zeigte auf, dass der sog. vorhabensbedingte Irrelevanzwert an den nachgewiesenen Biotoptypen um nahezu das Doppelte überschritten wird. Der BUND teilte der Behörde mit, dass eine ordnungsgemäße raumordnerische Bewertung bis zur Vorlage einer belastbaren und vollständigen FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht möglich ist.

Auswirkungen auf die Entwicklung der Region

Der Standort des Vorhabens liegt unmittelbar am Naturpark „Nossentiner/Schwinzer Heide“ und damit laut dem Regionalen Raumentwicklungsprogramm Mittleres Mecklenburg/Rostock 2011 in einem Gebiet, welches für die Entwicklung des Tourismus sowie der Landwirtschaft vorbehalten ist. Der ländliche Tourismus ist auf einen hohen Erholungswert der Landschaft ausgerichtet und damit auf ein ästhetisches Landschaftsbild angewiesen. Dieses ist nur mit einer ökologischen und nachhaltigen Landwirtschaft vereinbar, die eine hohe Biodiversität und viele strukturierende Landschaftselemente aufweist. Der Bau der großdimensionierten Stallanlagen einschließlich benötigter Versorgungseinrichtungen in einem Raum mit hoher bis sehr hoher Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes hat negative Auswirkungen auf die Erlebnis- und Erholungsfunktion und damit auf die regionale Entwicklung des Tourismus. Bereits ansässige Privatinvestoren mit kleinerem Finanzvolumen werden schwer mit dem Imageschaden der Region zu kämpfen haben.

Konkret lassen sich die Folgen für Anwohner und Touristen wie folgt benennen: Das gewässerreiche Gebiet wirbt mit seinen vielfältigen Bademöglichkeiten und einer guten Wasserqualität. Diese wird infolge erhöhter Nährstoffeinträge durch atmosphärischen Stickstoff aus der Abluft der Ställe sowie des Düngemittelauftrags auf gewässernahe Ackerschläge eine Verschlechterung erfahren. Auch ist vor gleichem Hintergrund eine Abnahme des Artenreichtums in geschützten und daher besonderen Biotopen zu befürchten. Darüber hinaus entweichen aus der Abluft der Anlage multiresistente Keime, die in einem weiten Radius eine starke Gesundheitsgefährdung für Anwohner und Besucher darstellen. Dieses ernst zu nehmende und immer bekannter werdende Risiko wird kaum ein Tourist freiwillig in Kauf nehmen. Dazu kommt die Geruchsbelastung durch die industrielle Massentierhaltungsanlage und die Gülleausbringung.

Eine weitere negative Folge der Massentierhaltungsanlage sowohl im Hinblick auf die Lebensqualität der Anwohner und Besucher wie auch auf die finanzielle Belastung der Gemeinde ist die starke Zunahme des Schwerlastverkehrs auf der Landesstraße L11 infolge des An- und Abtransportes der Mastschweine, des Gülle- und Futtermitteltransportes sowie zahlreicher weiterer betrieblicher Fahrten. Die teilweise nur wenige Meter breite L11 ist eine kleine unter Denkmal- und Naturschutz stehende Alleenstraße. Sie ist gleichzeitig kreislicher Radweg und die einzige Verbindungsstraße im Tourismusschwerpunktgebiet für die Einwohner und Feriengäste der Dörfer Lohmen, Oldenstorf, Suckwitz, Reimershagen zum Versorgungsort Krakow am See. Das heißt jeder Anwohner und jeder Besucher muss bei der Erledigung seiner Alltagsgeschäfte unausweichlich die Anlage passieren und ist dabei deren Emissionen ausgesetzt.

Zur Fleischüberproduktion und deren Folgen

Nach Angaben des Investors werden die Mastschweine in der geplanten Schweinemastanlage in Suckwitz mit einem Gewicht von 27 kg geliefert und auf harten Betonspaltenböden ohne Stroh eingestallt, bis sie ein Gewicht von 110 kg erreicht haben. Höchstwahrscheinlich wird das Gewicht höher sein. Die Daten des Antrags sind hierzu unplausibel, s.o..
Die nicht artgerechten Haltungsbedingungen haben bei einem Großteil der Schweine u.a. krankhafte Veränderungen der Gliedmaßen zur Folge. Einem 110 Kilo schweren Mastschwein stehen nach der „Tierschutznutztierhaltungsverordnung" 0,75 Quadratmeter Platz in der Schweinebucht zur Verfügung. Viele Mastschweine leiden unter Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Lungenerkrankungen. Dies wird durch das schlechte Stallklima und das Leben über der eigenen Gülle verursacht. Das ausdünstende Ammoniak schädigt das Lungengewebe der Tiere. So wird die Mast zur Qual.

Ein Deutscher verbraucht in seinem Leben im Schnitt 1.094 Tiere, darunter 4 ganze Rinder, 4 Schafe, 12 Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner. Mit einem jährlichen Fleischverzehr von rund 60 Kilogramm essen die Deutschen doppelt so viel Fleisch wie die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. In den ärmsten Ländern der Welt liegt der Fleischkonsum unter 10 Kilogramm pro Jahr. Zugleich produzieren landwirtschaftliche Betriebe hierzulande etwa 17 Prozent mehr Fleisch als verzehrt wird. Fast zwei Drittel der deutschen Agrarflächen dienen inzwischen der Erzeugung von Futtermitteln. Diese und weitere Zahlen enthält der "Fleischatlas", herausgegeben von der Heinrich-Böll- Stiftung, Le Monde Diplomatique und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Fleischatlas zum Herunterladen: http://www.bund.net/themen_und_projekte/landwirtschaft/lebensmittelpolitik/fleischatlas/

Für Rückfragen: Corinna Cwielag, Tel.: 385 521339-0, E-Mail: corinna.cwielag@bund.net

 

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